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Das neueste aus der Ferne

PanAmerica - das Adventure Bike

100000km

(6) Aus Ligurien zurückgekommen

9570km gefahren seit dem 06.06.2021

noch zu Fahren: 90430 km

Gestern bin ich aus Ligurien zurückgekommen. Meine PAN „ELVIS“ hat innerhalb von 14 Tagen über 4500 km lang Geschichte geschrieben. Wir haben sämtliche Pässe der Route der Grand Alpes zusammen gemeistert. Dazu gehörte auch der Col de la Bonette, welcher mit 2802 m (9193 ft) der höchste befestigte Pass der Alpen ist. Von den etwa 4500 km sind wir aber auch konsequent und in Summe 983 km auf unbefestigten Straßen gefahren.Dazu gehörte auch der höchste, nur mit Allrad Fahrzeugen befahrbare Pass der Alpen, der Col de Sommeiller mit 3009 m (9705 ft) Passhöhe und gehörten letztendlich auch die bekannten, alten Militär Straßen in Ligurien, wie die Assietta Kammstrasse, Myra Stura Kammstrasse, Ligurische Grenzkammstrasse, Passo Tenda mit seinen engen unbefestigten Kehren und auch der Col de Joly in der Nähe des Mt. Blanc Massivs.

Der unbefestigte Col de Sommeiller wurde mit hundertprozentiger Sicherheit erstmals von einer Harley Davidson Pan America am 14.07.2021 erklommen. Es ist aber auch anzunehmen, dass alle anderen hohen Pässe und Schotterstraßen auch erstmals von einer Pan America befahren worden sind. Bei der Anmeldung für die ligurische Grenzkammstrasse am 19.07.2021 konnte man mir bestätigen, dass diese bis dato auch noch keine HD PAN AMERICA die LGKS befahren hatte.

Dem Motorrad und Fahrer wurde viel abverlangt und ohne die, mit Unterstützung von K + M Harleyworld getroffenen Veränderungen, wären sicher Teile dieser „Challenge“ nicht möglich gewesen.

Womit ich bei dem ersten Punkt meines Erfahrungsberichtes angekommen bin.

Ja, die PAN ist in der Lage einen Adventure Fahrer fast überall hinzubringen. Aber „Nein“, nicht alleine in der Ausstattung, die Harley Davidson als Zubehör bei Auslieferung anbietet. Auf der Fahrt hoch auf den Col de Sommeiller bin ich gestürzt. Ohne die getroffenen Schutzmaßnahmen, angefangen von eigenen, mit Stahlbügel versehenen Handprotektoren und letztendlich durch die Verwendung von meinen „Offroad“ erprobten Kriga Softbags, ging es ohne eine Beschädigung von „Elvis“ der Offraod Pan ab, aufrichten und weiterfahren…

Nun zu den Erfahrungen, die man bekanntlich nur durch Erfahren eines Motorrades über das Motorrad bekommen kann.

Im April, Mai hat regelrecht ein Testbericht Hype über das Produkt HD PAN AMERICA auf allen Motorradmedien- Kanälen begonnen. Gut so, Harley hat wirklich einen großen Schritt gewagt, um in der Klasse der Adventure Motorräder mitzuspielen.

Einen richtigen Erfahrungsbericht traue ich mich aber erst jetzt und nach fast 10000 km Erfahrung mit und auf dem Motorrad zu schreiben. Dies auch aus dem Blickwinkel eines Fahrers, der mit diesem Motorrad noch viel unternehmen will (noch 90.000km) und auch in den Bereichen fordert, die Harley bei der PAN AMERICA massiv bewirbt. Ich denke hierbei an all die die werbewirksamen Videos mit Sprüngen über Hügel, dynamische Fahrten auf losem Untergrund oder Schotterpasspassagen mit Gepäck.

Nun, ich zähle mich zu den unter 5 % Adventure Motorrad Fahrern, bei denen Motorrad „OFFROAD“ liefern muss was es verspricht. Ich bin kein „PRO“ aber schon auf vielen Orten dieser Welt mit dem Motorrad gewesen und auch bislang überall durchgekommen. Aus diesem Blickwinkel heraus, ist bei mir ein subjektives und auf Erfahrung basiertes Anforderungs- und Ausstattungsprofil an die HD-PAN AMERICA entstanden, welches bisher auch analog immer für meine BMW, s gegolten hat. K+M Harleyworld hat diese Erfahrungen als Innovationen aufgegriffen und für meine Belange konsequent umgesetzt. Daher ist „Elvis“ meine PAN auch vermutlich die einzige PAN auf der Welt, bei der schon so viele Veränderungen im Bereich der Protektion und Gepäcksysteme vorgenommen worden sind.

Harley-Davidson hat bei der Entwicklung der Pan America schon sehr viel richtig gemacht, aber meine Anforderungen gehen eben deutlich weiter, damit wir die 100.000km Herausforderung erfolgreich abschließen können.

  1. Fahrwerk

Das Fahrwerk ist ein gelungener Wurf. Durch den mittragenden Motor fährt sich das Motorrad absolut vibrationsfrei. Auf Schotterpassagen dämpft das Fahrwerk so ab, dass man sich sogar bei geraden Strecken getrost hinsetzen kann. Bei schneller Kurvenfahrt erinnert die Agilität des Motorrades an eine „Supermoto“ absolut spurstabil, auch unter Ausnutzung der maximalen Querlage und gigantisch tollem Bremssystem. Kurven ABS (C- ABS) und Kurven Traktionskontrolle (C-TCS) machen es für den Fahrer (in) einfach, die maximal mögliche Querlage auszunutzen.

  1. Fahrmodi / Menü / Display

Die Fahrmodi sind schnell anzuwählen, allerdings geht die Menüführung nur in eine Richtung.

Die Fahrmodi „RAIN“ – „STREET“ – „SPORT“ – „OFF ROAD“ – sind vorgegeben. Zusätzlich kann man aber neben dem „OFF ROAD +“ noch zwei eigene Mode „A“ und Mode „B“ programmieren. Bei der Programmierung kann man Einstellungen für Motordrehmoment, Motorbremse, Ansprechverhalten, TCS, ABS und falls vorhanden ARH Optionen anwählen.

Man kopiert einen der fix eingestellten Fahrmodi und passt diesen dann individuellen Bedürfnissen an.

Letztendlich bin ich nur noch mit 4 Fahrmodi gefahren, von denen ich 3 Modi selbst programmiert habe.

„OFF ROAD +“ dann „A“ kopierter RAIN Mode mit Motorbremse und „B“ kopierter „S“ Mode mit ein paar individuellen Einstellungen. Die anderen Modes habe ich stillgelegt. Das geht nur bei dem „STREET“ Mode nicht.

Somit habe ich alle notwendigen Modes verfügbar, die nun schneller zu schalten sind.

Die Menüführung ist intuitiv, einfach, das Display ist hell, gut ablesbar und individuell veränderbar. Ein großes Plus ist die Umschaltbarkeit der Modes in jeder Fahrsituation.

Die Motorbremse (MAX) greift gut, jedoch kein Vergleich zu einem Kardanantrieb. Musste bergab sehr viel bremsen aber man gewöhnt sich daran.

Der „RAIN“ Mode könnte auch „Range“ Mode heißen. Wenn man es nicht eilig hat, kann man mit der reduzierten Leistung bis zu 480 km weit kommen.

Das ARH (adaptives Fahrwerk) senkt die Sitzhöhe in 3 wählbaren Einstellungen ab. Diese Innovation ist ein Quantensprung bei der Motorradentwicklung. Kleinere Fahrer (innen) haben dadurch besseren Bodenkontakt mit den Füßen. Allerdings senkt das Fahrwerk erst ab, wenn die Zündung eingeschaltet wird. Bei ausgeschalteter Zündung geht das ARH auf die hohe Stellung, um bei Ausfall des ARH eine Weiterfahrt zu ermöglichen.

Im Ergebnis habe ich das ARH für den Geländebetrieb (OFFROAD +) ausgeschaltet, weil sich die Motorradneigung entsprechend verändert und das Motorrad in die eine oder andere Richtung sehr leicht umfallen kann.

  1. Licht

Kurz und knapp. Einfach geniales Lichtsystem und absolut helles Kurvenlicht.

  1. Motor und Assistenzsysteme

Der Revolution MAX ist ein Flüssigkeitsgekühlter 60 Grad V 2 Motor mit 1252 ccm Hubraum, vier Ventile pro Zylinder mit 112kw/152 PS bei 8750 U/min und 128 NM bei 6750 U/min.

So weit so gut…

Der Motor selbst ist bislang fast 10.000 km ohne Probleme anstandslos gelaufen. Kein Ölverbrauch, keine Undichtigkeiten. Im Drehzahlbereich über 2500 U/min spielt das Motorrad mit diesem Motor seine Karten voll aus und schnelle Passfahrten oder Autobahnfahrten werden zu einem Genuss, sofern es keine engen und ansteigenden Kehren wie z.B. beim Stilfser Joch oder kleinen Pass- straßen der Seealpen gibt.

Hier musste ich aber leider feststellen, dass im Drehzahlbereich von ca. 2000 U/min der Motor nicht dynamisch rund läuft. Entweder musste ich in vermehrt in den ersten Gang schalten, um solche Kurven zu meistern, oder es ruckelte im zweiten Gang ordentlich und bis fast zum Absterben des Motors. Da war dann der Spaß Faktor nicht mehr so groß!

Später auf den Schotterpässen in Ligurien habe ich enge Passagen aus diesem Grunde immer im ersten Gang gefahren. Die BMW-GS 1250 HP geht da vergleichbar sehr leicht im zweiten oder dritten Gang hoch. Kommt man höher, z.B. Col de la Bonette vergrößert sich der ruppige Bereich auf zwischen 1800 U/min bis 2300 U/min. Bei der Honda Afrika Twin schaltet der Schaltautomat oder der linke Daumen / Zeigefinger.

Hier geht die Tendenz in der Getriebeentwicklung bei allen Herstellern hin und hier muss HD was tun! Der Motor muss im unteren Drehzahlbereich elastischer werden. Genau diese Drehzahl um die 2000 U/min braucht man, um im ersten, zweiten oder auch dritten Gang enge Kehren oder im Gelände zu fahren. Das Team von K+M Harleyworld wird mir hier zur Seite stehen, ob nun mit einem neuen Motor „Mapping“ oder einstweilen der Einbau eines kleineren Ritzels vorne. Bei der BMW-GS 800 ADV gab es auch ein ähnliches Problem, welches durch den Ritzel Wechsel und neuem Mapping gelöst werden konnte. Als Assistenzsystem fehlt zudem der „Quickshifter“. Hochschalten kann man jedes Motorrad auch gut, ohne dabei die Kupplung zu ziehen. Jedoch bei schneller Kurvenfahrt nach unten oder in den Kurven geht einem dieses Assistenzsystem schon ab, wenn man es von der BMW so gewöhnt ist. Ja, die PAN ist ein neues Motorrad auf dem Markt, jedoch will sich HD an anderen Mitbewerbern messen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum HD die Entwicklung und Einbau eines Quick Shifter Systems keine Priorität eingeräumt hat. Bei allen Mitbewerbern hat ein solches System Einzug gehalten! Auch wenn man nicht „Offroad“ fährt, besteht das Problem mit dem „Drehzahlloch 2000 U/min“ bei einer reinen Straßen Ausstattung des Motorrades und bei engen Passfahrten. Den kleinen Originalschalthebel hatte ich schon gegen einen verstellbaren und klappbaren Schalthebel ausgetauscht.

  1. Seitenständer / Hauptständer

Entweder muss man das Motorrad direkt auf den Hauptständer stellen, was vollbeladen oft einen kleinen Balanceakt und Kraftakt bedeutet oder der Seitenständer lässt sich nicht wegklappen was einen Ständerkonflikt beim „Abbocken“ vom Hauptständer nach sich zieht.

Dann ist die Grundfläche des Seitenständers zu klein. Eine Verbreiterung gibt es im Zubehör nicht, obwohl das bei jedem Adventure Motorrad ein absoluter Standard ist. Man muss wohl einstweilen mit einer Wurfplatte aus dem Tankrucksack leben.

  1. Batterie / Stromversorgung

Die Batterie ist tief unten verbaut und liegt im Schwerpunkt. Man darf aber nicht allzuviel Zeit beim Programmieren der Modes und eingeschalteter Zündung verschwenden, ansonsten geht die Stromspannung sofort in Unterspannung. Bei laufendem Motor leistet die Lichtmaschine 14,5 V. Die Spannung geht nach Abschalten sofort auf 12,5 V runter. 10 Min Programmieren führt zur Unterspannung unter 12 V und das Motorrad springt eventuell nicht mehr an. Einer Überbrückung gestaltet sich schwierig, weil die Batterie so elegant unter dem Motorschutz verbaut ist. Also bitte immer den AUX Mode bei diesen Arbeiten verwenden!

Wir haben da für solche Fälle schon mit einer Überbrückungssteckdose vorgesorgt. Jedenfalls muss man diese Zusammenhänge wissen, um nicht liegenzubleiben.

  1. Kabelführung

Wenn man sich die Kabelführungen mal beim Lenker nach unten, bei der Airbox und nach hinten genauer anschaut, weiß man, dass es früher oder später Kontaktprobleme durch straffe Steckverbindungen oder Scheuerstellen geben wird. Ich habe nach fast 10.000 km schon einige ausgemacht und wir werden bei der Inspektion hier ein besonderes Auge darauf haben.

  1. Wartungsintervalle

8000 km Wartungsintervall?!Das geht gar nicht und muss auch nicht sein! 8000 km Wartungs- Intervalle sind für ein Reisemotorrad zu kurz und können sicher neben den fehlenden Protektionsapplikationen verbessert werden. BMW hat auch 10.000 km im Programm, andere Hersteller aber auch 15.000 km. Also Harley Davidson „go for minimum 10 ?

  1. Dreck

Teilweise hatten wir in Ligurien 35 Grad aber auch viel Schlamm und Dreck auf den Schotterpassagen. Dabei habe ich festgestellt, dass bei einem verdreckten Kühler (die PAN ist ja ein DIRT BIKE) und langsamer Fahrt, die Temperatur sehr schnell in den dreistelligen Bereich kommt. Auch wenn man den Rest ruhig dreckig lassen kann, hier ist dann doch mal die Sprudelwasserflasche geschüttelt und gespritzt oder der Wassereimer oder ein Wasserschlauch gefragt, um Abhilfe zu schaffen.

Mein Fazit nach fast 10.000 km mit der Pan America

Harley Davidson hat den Mut gehabt ein Motorrad auf den Markt zu bringen was zumindest den etablierten Markt der Adventure Motorräder etwas durcheinandergebracht hat. Man kann sich allerdings dem Gefühl nicht erwehren, dass es 2020 entweder sehr schnell gehen musste oder der Rotstift in der Entwicklung angesetzt worden ist. Ich will damit sagen, dass ein im Verkauf um ca. 2000 Euro teureres HD-Motorrad als Premiumprodukt sich ebenso hätte gut behaupten können. Dann aber bitte auch mit innovativen (noch fehlenden) Zubehör für den richtigen Adventure Fahrer und Assistenzsystemen wie Quick Schifter sowie einem stabilen Windschild was auch 190 km/h Reisegeschwindigkeit auf der Autobahn leicht wegsteckt. Die Zubehör Auswahl kann man im Moment getrost als übersichtlich beschreiben, klar es ist ein neues Motorrad, das muss erst noch mitwachsen.

Ich bin gespannt ob und wann Touratech, SW Motech und andere „Veredelungsfirmen“ doch noch hier ins Boot genommen werden oder Harley selbst aufschaltet.

Auf die Elastizität der Motorleistung um die 2000 U/ Min bezogen kann man aber fairerweise sagen, dass bisher noch jeder Hersteller solche oder ähnliche Probleme hatte. Ich erinnere nur an das Leistungsloch bei den ersten GS 1200 zwischen 4000 und 6000 U/min. Da habe ich 2008 lieber meine GS 1150 ADV behalten… Es wird sicher zeitnah hier eine Lösung geben.

Im Vergleich zu den Entwicklungszeiten der Mitbewerber hat Harley Davidson einen sehr guten Job gemacht. Die PAN AMERICA kann mit den Mitbewerbern mithalten, auch in einigen Bereichen punkten aber sicher noch nicht den / die Marktführer im Segment toppen.

Es kommt daher in den nächsten 2 Jahren primär darauf an, zeitnah notwendige Nachbesserungen durchzuführen, den Markt darüber zu informieren und dabei eventuell mehr auf „Fieldtester“ zu setzen.

Meine PAN (mein Elvis) hat mir bisher sehr viel Spaß gemacht und ich freue mich auf die nächsten 10.000 km. Die oben angeführten Fakten sind unserem Anspruch geschuldet, ein gutes Produkt kontinuierlich zu verbessern. Wir ziehen unser 100.000 km Projekt durch, weil wir von der Nachhaltigkeit des Produktes überzeugt sind. Es ist wie in der Mathematik. Limes strebt nach Unendlich und wird Unendlich nie erreichen. So ist das auch bei jedem Motorrad was neu auf den Markt kommt oder schon auf dem Markt ist. 100 % werden nie erreicht, sonst gäbe es ja auch keine Nachfolgemodelle.

Wenn man in kurzer Zeit so viele Kilometer mit einem Motorrad unter schwierigsten Bedingungen zurückgelegt hat, verbindet das sehr. Meine PAN „Elvis“ hat mich unter den beschriebenen Bedingungen nicht im Stich gelassen. Das ist was letztendlich zählt!

Meine Freunde von K+M Harleyworld und ich arbeiten kontinuierlich weiter und wir starten nächste Woche mit den nächsten 10.000 km. Diesmal stehen die Ostalpen, Sella und Slowenien, sowie das Massiv Central auf dem Programm.

Die HD Pan America hat eine faire Chance verdient und wir wollen der PAN diese Chance mit unserem Projekt geben, damit möglichst schnell und kontinuierlich Verbesserungen vorgenommen werden können.

Die 1-100.000 km Challenge hat Fahrt aufgenommen, wir gehen jetzt in die zweite Phase…

Es bleibt spannend

Euer Jo

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